Seit der gesetzlichen Neuregelung zur Zwischenberichterstattung wird vor allem in Deutschland viel über die Zukunft der quartalsweisen Berichterstattung debattiert. Eine Frage blieb dabei bislang unbeachtet: Wie werden Quartalsberichte heute überhaupt genutzt? Die Statistiken von Online-Berichten liefern Antworten auf diese Frage und können zur Weiterentwicklung des Formats beitragen.
Status quo
Im Rahmen einer Studie wurde kürzlich der Status quo der Quartalsberichterstattung aller 110 Unternehmen im HDAX (DAX, MDAX, TecDAX) erhoben. Zwar veröffentlichten demnach die meisten Unternehmen im ersten Quartal 2016 nach wie vor einen klassischen Zwischenbericht, rund 40 Prozent wechselten jedoch bereits auf eine Form der inhaltlich reduzierten Quartalsmitteilung. Vor allem die TecDAX- und MDAX-Konzerne agieren dabei als Vorreiter.
Die erste Bestandsaufnahme zeigt, dass sich am Markt noch kein einheitliches Format für die Quartalsmitteilung etabliert hat. Neben „klassischen“ PDFs experimentieren einige Unternehmen mit alternativen Darstellungsformen. Drei Beispiele:
- Die Phoenix Solar AG präsentiert ihre jüngste Quartalsmitteilung beispielsweise auf lediglich vier Seiten im Stil eines Infoblattes mit einigen Tabellen und Grafiken.
- Die im MDAX gelistete OSRAM AG veröffentlicht ihre erste Quartalsmitteilung als Präsentation. Die insgesamt 20 Slides bestehen überwiegend aus kurzen Texten (oft nur Bullets), vielen Grafiken und Tabellen.
- Im SDAX gestaltet die Hamburger Hafen und Logistik AG ihre erste Quartalsmitteilung als interaktive Online-Version. Auf der Startseite werden wichtige Kennzahlen kurz zusammengefasst. Weitere Details zur Geschäftsentwicklung finden die Nutzer bei Bedarf nur wenige Klicks entfernt.
Nutzung von Quartalsberichten
Während über das Format und die inhaltliche Ausgestaltung von Quartalsmitteilungen viel diskutiert wird, gibt es kaum Erkenntnisse darüber wie Quartalsberichte genutzt werden. Sofern sie überhaupt noch gedruckt werden, erlauben Print-Berichte allenfalls qualitative Antworten auf diese Frage. Statistiken von Online-Berichten bieten dagegen relativ detaillierte Einblicke in die Nutzung von Zwischenberichten.
Ganz ohne Anspruch auf Repräsentativität haben wir uns einmal beispielhaft die Nutzungsstatistiken der Quartalsberichte von zwei DAX-30-Unternehmen im Jahr 2015 angesehen (Q1 bis Q3 2015) und stellen in diesem Beitrag einige Daten vor.
Unternehmen A (DAX 30)*
Unternehmen B (DAX 30)*
Besucher (Visits) Q1-Q3
Besucher (Visits) Q1-Q3
Seitenaufrufe insgesamt
Seitenaufrufe insgesamt
Durchschnittliche Seitenaufrufe pro Besucher
Durchschnittliche Seitenaufrufe pro Besucher
Anteil der Zugriffe auf die englische Sprachversion
Anteil der Zugriffe auf die englische Sprachversion
Durchschnittliche Besuche in den ersten drei Tagen nach Veröffentlichung eines Quartalsberichts
Durchschnittliche Besuche in den ersten drei Tagen nach Veröffentlichung eines Quartalsberichts
* Zugriffszahlen im Zeitraum von der Veröffentlichung des Q1-Berichts 2015 bis zur Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2015.
Wie der Überblick zeigt, unterscheiden sich die beiden ausgewählten Konzerne in Bezug auf die Reichweite ihrer Berichte nicht wesentlich. Mit knapp 40.000 Visits erreichte Unternehmen B zwischen Veröffentlichung des ersten Quartalsberichts bis zur Publikation des Geschäftsberichts 2015 etwas mehr Besucher, während die Quartalsberichte von Unternehmen A gewissermaßen intensiver genutzt wurden (mehr Seitenaufrufe pro Besucher).
Bei beiden analysierten Unternehmen fällt auf, dass die englischsprachigen Versionen der Quartalsberichte deutlich stärker frequentiert werden, als die deutschen – dies ist typisch für die Nutzung von Online-Berichten von DAX-Unternehmen die oft in einem besonders starken Maß international ausgerichtet sind (auch in Bezug auf ihre Stakeholder).
Die Quartalsberichte werden dabei keinesfalls ausschließlich zur Veröffentlichung genutzt. Bei beiden Unternehmen erfolgen weniger als ein Viertel aller Besuche im Zeitraum der ersten drei Tage nach Veröffentlichung der Q1- bis Q3-Berichte. In Bezug auf die Nutzung der „klassischen“ Berichtskapitel liegt übrigens der Zwischenlagebericht bei beiden analysierten Berichten vor dem Zwischenabschluss und dem Anhang.
Q3-Bericht wird am stärksten frequentiert
Die Statistiken zeigen auch, dass sich die Nutzung der Berichte nach Quartal deutlich unterscheiden. Nach Seitenaufrufen wird der Q1-Bericht – der im Untersuchungszeitraum eigentlich am längsten online verfügbar war – am geringsten frequentiert. Mit einem Anteil von jeweils rund 40 Prozent entfielen dagegen die mit Abstand meisten Seitenaufrufe auf den Q3-Bericht.
Verteilung der Seitenaufrufe nach Quartalen

Für diesen Umstand gibt es zwei naheliegende Erklärungen: Einerseits erlauben die Zahlen im Q3-Bericht häufig bereits eine mehr oder weniger gute Einschätzung der Unternehmensentwicklung im Gesamtjahr und dienen Stakeholdern oft als „Vorschau“ auf den Geschäftsbericht. Zum anderen werden im dritten Quartal besonders häufig Gewinn- und Umsatzwarnungen erwartet, die zusätzlich Interesse auf die Berichte lenken.
Die Quartalsberichte werden bei beiden Unternehmen übrigens deutlich weniger frequentiert als der Online-Geschäftsbericht, der über den Zeitraum von einem Jahr auf jeweils fast drei Mal so viele Zugriffe kommt. Insgesamt muss hier beachtet werden, dass es sich um Reichweiten-Daten von DAX-Unternehmen handelt, die üblicherweise deutlich höher ausfallen als in anderen Indizes.
Dieser Beitrag ist Teil unserer Research-Reihe „Nutzung von Online-Berichten“:
Teil 1: Nutzung von Quartalsberichten
Teil 2: Nutzung von Geschäftsberichten in Deutschland
Teil 3: Annual report statistics of FT Europe 500 companies