Schon seit einigen Jahren wird in der IR-Community über die Zukunft des Quartalsberichts debattiert. Durch die Aufhebung der Veröffentlichungspflicht steht es vielen börsennotierten Unternehmen in der Europäischen Union fortan frei, einen Zwischenbericht zu veröffentlichen. Vor allem kleinere Unternehmen sollen durch einen geringeren Reporting-Aufwand entlastet werden. Die längeren Berichterstattungszyklen sollen nach den Plänen der EU auch den Druck auf das Management reduzieren, kurzfristig erfolgsorientiert zu handeln.
Unternehmen im Prime Standard sind von dieser Regelung bislang ausgenommen. Für sie gelten zusätzliche Regularien, die z.B. in Deutschland von der Frankfurter Wertpapierbörse festgelegt werden. In einer mit Spannung erwarteten Bekanntmachung (Änderungssatzung) wurden diese Regeln vor wenigen Tagen konkretisiert: Unternehmen im Prime Standard könnten demnach alternativ zu einem klassischen Quartalsfinanzbericht künftig auch eine reduzierte Quartals- bzw. Konzernquartalsmitteilung zum jeweiligen Stichtag des ersten sowie des dritten Quartals vorlegen. In § 51a (2) heißt es konkret:
„Die Informationen haben die Beurteilung zu ermöglichen, wie sich die Geschäftstätigkeit des Emittenten im jeweiligen Mitteilungszeitraum entwickelt hat. In der Quartalsmitteilung sind die wesentlichen Ereignisse und Geschäfte des Mitteilungszeitraums im Unternehmen des Emittenten und ihre Auswirkungen auf die Finanzlage des Emittenten zu erläutern sowie die Finanzlage und das Geschäftsergebnis des Emittenten im Mitteilungszeitraum zu beschreiben.“
Zudem sollen Unternehmen transparent darstellen, wenn sich Änderungen in ihrer Prognose ergeben. Die Deutsche Börse reagiert damit wohl auch auf eine Initiative von DIRK und BVI. Beide Verbände hatten sich gegen eine völlige Freigabe von Form und Umfang und stattdessen für eine flexiblere Quartalsberichterstattung stark gemacht. Der Fokus der Berichterstattung im ersten und dritten Quartal solle demnach auf der Erfüllung von Mindeststandards und Darstellung wesentlicher Eckdaten zur Geschäftsentwicklung liegen.
Hier finden Sie detaillierte Informationen Quartalsmitteilung oder Quartalsfinanzbericht
In Bezug auf die Veröffentlichung der Quartalsmitteilung besteht weiterhin keine Notwendigkeit zum Druck der Berichte. „Die Geschäftsführung stellt die Quartalsmitteilung dem Publikum elektronisch oder in anderer geeigneter Weise zur Verfügung“, heißt es in der Bekanntmachung der Frankfurter Wertpapierbörse.
Chance zur Neuerfindung
Diese Entwicklung bietet eine möglicherweise einmalige Gelegenheit zur Neuerfindung der traditionellen Quartalsberichterstattung. Insbesondere in Bezug auf den Umfang bieten viele Berichte deutliches Reduktionspotenzial. Mitunter bestehen die Quartalsberichte von DAX-30-Unternehmen aus über 100 Seiten – und nicht selten sind große Teile redundant zum letzten Bericht.
In einer 2014 durchgeführten Umfrage der Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) hielten möglicherweise auch deshalb fast 50 Prozent der befragten Investment Professionals eine „abgespeckte Version“ des Zwischenberichts für „völlig ausreichend“, während nur vier Prozent die Publikationen als „überflüssig“ erachteten. Auch die Vertreter von DIRK und BVI halten eine inhaltliche Fokussierung der Quartalsberichterstattung für sinnvoll: „Weil weniger oft mehr ist, erhalten die Aktionäre auf das Wesentliche gerichtete Informationen über die unterjährige Geschäftsentwicklung. Damit bleibt ein im Vergleich hohes Transparenzniveau am deutschen Kapitalmarkt erhalten, der gleichzeitig seine Wettbewerbsfähigkeit weiterstärkt“, kommentierten die Geschäftsführer beider Verbände im Oktober in der Börsen-Zeitung. Vorbilder für stark auf das Wesentliche fokussierte Quartalsberichte finden sich z.B. in den USA. Unternehmen wie GE stellen ihre Quartals-Performance teilweise in stark reduzierter Präsentationsform dar.

Reif für Digitalisierung
Auch die Publikationsform steht zur Debatte. Es spricht vieles dafür, künftige Zwischenberichte nicht (nur) als PDF ins Netz zu stellen. Auf einer Micro-Website können die wesentlichen Kennzahlen und Entwicklungen eines Quartals besonders prägnant dargestellt werden. Das kann z.B. komprimiert auf einer Waterfall- oder Fast-facts-Seite oder verteilt auf wenigen Unterseiten geschehen.
Das Webformat bietet zudem einfache Mechanismen, um Redundanzen bei zukünftigen Quartalsberichten zu vermeiden: Anstatt unveränderte Entwicklungen zu wiederholen, wird einfach an die jeweilige Stelle im vorherigen Online-Bericht verlinkt. Nur ein Klick trennt die Rezipienten dann bei Bedarf von detaillierteren Informationen.
Beispiele für Online-Quartalsberichte:
- HHLA – Zwischenbericht 9M15
- AkzoNobel – Q3 2015
- Bayer – Zwischenbericht 3.Quartal 2015
- Hannover Re – Zwischenbericht 3/2015
Beispiele für Waterfall- und Fast-facts-Seiten