Die Auflagen von gedruckten Geschäftsberichten sind in den letzten Jahren massiv eingebrochen. Statt auf Papier erreichen sie ihre Leser inzwischen fast immer am Bildschirm. Viele Unternehmen reagieren auf diesen Trend. Während einige den konsequenten Schritt zu einem Online-Geschäftsbericht gehen, schlagen andere einen pragmatischen Weg ein und investieren in ein „bildschirmoptimiertes“ PDF im Querformat. Aber wie sinnvoll ist das tatsächlich? Hier räumen wir mit vier Mythen über das querformatige PDF auf.
Mythos 1: PDF ein Bildschirmformat

Fangen wir an mit den Basics: Ein PDF ist kein für den Bildschirm optimiertes Format. Es wurde dazu entwickelt, Print-Dokumente digital abzubilden und zu verteilen. Dementsprechend werden fast alle PDFs von Geschäftsberichten heute nach wie vor dem Print-Produkt nachgeahmt: Sie werden noch immer im A4-Format erstellt (egal ob Hoch- oder Querformat), haben ein Mehrspalten-Layout und nutzen die klassische Print-Typografie. Der Erstellungsprozess zwischen einem Print- und einem PDF-Bericht ändert sich nur marginal, weshalb auch die meisten klassischen Print-Agenturen in Zeiten schwindender Druckauflagen plötzlich das „interaktive PDF“ promoten.
Der entscheidende Punkt ist aber: PDFs sind statisch – sie können sich, anders als Online-Geschäftsberichte, nicht an unterschiedliche Bildschirme anpassen (z.B. Desktop, Notebook, Smartphone). Auch die Möglichkeiten in puncto Interaktivität und Multimedialität sind stark beschränkt.
Mythos 2: Querformat passt besser in Bildschirme

Auf den ersten Blick erscheint es einleuchtend: Bildschirme sind querformatig, deshalb ist ein querformatiges PDF auch besser für den Bildschirm. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich werden vor allem mobile Endgeräte wie Smartphones hauptsächlich im Hochformat genutzt. Zudem nimmt die mobile Internetnutzung stetig zu. Zwischen 10% und 30% der Zugriffe auf Online-Geschäftsberichte kommen beispielsweise über mobile Endgeräte. Für diese mobilen Nutzer ist das Querformat sogar ein Rückschritt – sie müssen extrem viel hoch und runter wischen. Ohnehin gilt: Wirklich komfortabel lassen sich nur HTML-Berichte auf dem Smartphone nutzen.
Mythos 3: Querformat ist besser lesbar

Nur im besten Fall kann man ein querformatiges PDF am Bildschirm ohne Zoom-Faktor lesen – i.d.R. nur am Desktop-PC. Sobald man am Notebook oder Tablet sitzt, fühlen sich Nutzer bei den meisten PDFs bereits zum Zoomen genötigt. Das Problem ist auch hier: Der Text passt sich leider nicht dem Bildschirm an, stattdessen wird das ganze PDF vergrößert. Dadurch müssen Nutzer erst recht wieder von Spalte zu Spalte scrollen, um die Inhalte zu rezipieren – und zwar anders als bei einem PDF im Hochformat nicht nur nach unten, sondern auch nach rechts und links.
Apropos Spalten: Fast alle querformatigen PDFs werden von Unternehmen im 3-Spaltenlayout umgesetzt. Auch hier handelt es sich um einen typischen Print-Stil! Zwar erhöht Mehrspaltigkeit bei Print-Berichten zweifellos die Lesbarkeit, weil man allein mit dem Auge von der einen in die nächsten Spalte springen kann. Allerdings wird diese Idee im PDF ad absurdum geführt, weil man in den meisten Fällen hoch und runter scrollen muss, um einen Inhalt zu erfassen.
Das beste PDF-Design für den Bildschirm ist aus unserer Sicht deshalb im Hochformat und einspaltig.
Mythos 4: PDFs sind interaktiv

Viele Print-Agenturen verkaufen PDFs inzwischen unter dem Label „Interaktives PDF“ oder sogar „Online-PDF“. Mit einem wirklichen Online-Bericht haben PDFs aber natürlich nichts zu tun. Für das Label reichen meist schon einfachste Standards, wie ein verlinktes Inhaltsverzeichnis oder ein klickbares Navigations-Register – oho! In Wahrheit hängen PDFs in ihrer Interaktivität Lichtjahre hinter Online-Berichten her. Es hapert schon an Kleinigkeiten. Zum Beispiel funktioniert der „Back-Button“ im PDF nicht: Klickt man auf einen Link, wie kommt man dann zurück zur vorherigen Seite? Ein anderes Problem: Bei den meisten PDFs, die im Browser geöffnet werden (Standard), funktionieren Teile der Links nicht, da der jeweilige PDF-Viewer sie falsch interpretiert.
Keine Kompromisse
Man kann die Liste der „Grenzen“ des PDFs beliebig weiterführen (siehe unten). Fakt ist: Wenn Unternehmen wirklich digital berichten wollen, sollten sie keine Kompromisse eingehen. Anders als PDFs sind Online-Berichte im HTML-Format wirklich für den Bildschirm optimiert und können die Möglichkeiten des Internets als Publikationskanal voll ausschöpfen.
Formatvergleich (PDF vs. Online-Bericht)
Erstellungsaufwand
- PDF: Niedrig (z.B. aus Word) bis mittel (z.B. Satz in InDesign)
- Online-Bericht: Hoch im ersten Jahr (initiale Programmierung), mittel in Folgejahren
Etablierung
- PDF: Verbreitungsgrad von nahezu 100 %
- Online-Bericht: Verbreitung unterscheidet sich nach Land und Börsenindex, stärkere Verbreitung bei internationalen Großkonzernen
Zielgruppe
- PDF: Eher Fachzielgruppe (Analysten, Investoren)
- Online-Bericht: Eher breite Zielgruppen (u.a. auch Mitarbeiter, Journalisten)
Archivierbarkeit
- PDF: Grenzenlos archivierbar (als Download-Datei)
- Online-Bericht: Grenzenlos archivierbar (als statische Microsite)
Optimierbarkeit für Bildschirme
- PDF: Sehr eingeschränkt optimierbar (z.B. durch Querformat, Verlinkungen innerhalb des PDF)
- Online-Bericht: Grenzenlos optimierbar da genuines Web-Format
Optimierbarkeit für mobile Endgeräte
- PDF: Keine Optimierbarkeit, sehr umständliche Nutzung auf Smartphone & Co.
- Online-Bericht: Passt sich mobilen Endgeräten an (Responsive Design)
Optimierbarkeit für Suchmaschinen
- PDF: PDF wird nur einmal indiziert
- Online-Bericht: Jede Seite wird individuell indiziert und kann individuell SEO-optimiert werden
Messung der Nutzung
- PDF: Nur Download-Zahlen, keine Informationen darüber, welche Inhalte genutzt wurden
- Online-Bericht: Umfangreiche Analysen möglich, jeder Klick und jede Aktion kann über Webanalyse-Software erfasst werden
Features
- PDF: Keine Features vorgesehen
- Online-Bericht: Zahlreiche Features möglich, z.B. Download aller Tabellen als Excel- File, interaktive Funktionen (z.B. Chart Generator), relevanzgesteuerte Suche usw.
Verknüpfung mit Social Media
- PDF: Gering: nur Link zum PDF kann „geteilt“ werden
- Online-Bericht: Hoch: jede einzelne Seite kann „geteilt“ werden. Direkte Verknüpfung mit Social Media im Online-Bericht möglich
Navigation
- PDF: Navigation nur durch Links im PDF und Bookmarks, kein „zurückspringen“ über Back-Taste möglich, keine mobil-optimierte Navigation, interaktive PDFs funktionieren im Browser nur eingeschränkt und externe Links schließen das PDF im Browser
- Online-Bericht: Interaktive Navigation, mobil- optimierte Navigation (Responsive Design)
Suche
- PDF: Einfache chronologische Suche nach Begriffen
- Online-Bericht: Relevanzgesteuerte Suche (wichtigste Ergebnisseiten zuerst)
Multimedia
- PDF: Technische Einbindung von Videos ist nur unter extremen Aufwand möglich und führt zu riesigen Dateigrößen
- Online-Bericht: Problemlose Einbindung von multimedialen Elementen (z.B. CEO- Videos)
Interaktivität
- PDF: I.d.R. auf Links beschränkt, klickbare Grafiken möglich
- Online-Bericht: Grenzenlose Möglichkeiten für interaktive Infografiken und Elemente (mobil optimiert)
Barrierefreiheit
- PDF: I. d.R. aufwändig herstellbar
- Online-Bericht: HTML ist Auszeichnungssprache, Barrierefreiheit ist vergleichsweise einfach herstellbar
Quelle: Barrantes (2020): Digitale Geschäftsberichte.